Flucht nach Honduras
Wie viele Hunderttausende ihrer Landsleute vertrieb der Krieg die heutigen BewohnerInnen der Gemeinde Ciudad Romero 1980 aus ihren früheren Dörfern. Sie lebten in der Provinz La Unión Bezirk Nueva Esparta, im Osten des Landes, Nahe der Grenze zu Honduras, zu denen u.a. die Ansiedlungen El Portillo, Ocotillo, Corralito und La Hondurita gehörten. Bombadierungen und Massaker an der Zivilbevölkerung waren an der Tagesordnung (nachts konnten sie nicht mehr in ihren Häusern bleiben, sondern mussten in den Bergen übernachten). Am 01. Mai 1980 brannte das Regierungsmilitär alle Häuser der Zivilbevölkerung nieder. Nach drei Tagen Bombadierung sahen die Menschen keinen anderen Ausweg mehr, als nach Honduras zu fliehen. Das Militär und die Bomber im Rücken durchquerten sie die Berge zu Fuß. Vom honduranischen Militär wurden sie wie Feinde empfangen. 600 Flüchtlinge lebten dann dort unter sehr miserablen Verhältnissen in einem Flüchtlingslager.
Ciudad Romero im Urwald von Panamá
Am 31.10. 1980 wurden die Flüchtlinge in Honduras in einer Karavane von 22 Militär-LKWs von Las Estancias nach San Pedro Sula zu Flughafen gebracht. Von dort wurden sie am 01.11.80 mittels eines Frachtflugzeuges nach Panama-City gebracht. Nach einer grundlegenden Versorgung mit Lebensmitteln und medizinischer Behandlung der zahlreichen Erkrankten, erhielten sie vom damaligen Präsidenten von Panamá (General Omar Torrijos Herrera) Land im Urwald an der Atlantikküste in der Provinz Colón. Das zugewiesene Gebiet konnten sie für landwirtschaftlichen Anbau nutzen und ihre Häuser bauen. Sie mussten sich an die neuen Lebensbedingungen gewöhnen. Fast täglich regnete es. Sie mussten lernen mit den Gefahren des Urwaldes umzugehen. Dort benannten sie ihre neue Gemeinschaft "Ciudad Romero". Sie lernten mit dem Kajak zu fahren, zu fischen, Bäume zu fällen. Sie lebten dort sehr abgeschieden. Um in die Stadt Colón zu kommen, mussten sie entweder 12 Stunden über das Meer mit einem Fischerboot mit Außenborder fahren oder zu Fuß 4 Tage durch den Urwald laufen. Es gab dort weder ein Krankenhaus, noch Strom, noch Polizei oder sonstige Infrastruktur.
salvadorianische Regierung lehnt Rückkehr der Flüchtlinge ab
Insgesamt 10 Jahre lebten sie dort. Nach der militärischen Ofensive im Jahr 1989 und der sich anschließend abzeichnenden Friedensverhandlungen konkretisierte sich ihr ständiger Wunsch nach Rückkehr nach El Salvador. Mit Unterstützung verschiedener Organisationen wurde im Jahr 1990 die Rückkehr vorbereitet. Doch die salvadorianische Regierung weigerte sich, sie als Gemeinschaft aufzunehmen.
Demos und Hungerstreik in Panama-City
Ihren Forderungen verliehen sie mit Demonstrationen, Besetzung der salvadorianischen Botschaft und einem Hungerstreik in Panama-City entsprechenden Nachdruck. Die Weltöffentlichkeit nahm Kenntnis und letztendlich musste die salvadorianische Regierung ihrer Rückkehr zustimmen. Nach Panama-City gelangten die Menschen von Ciudad Romero über einen mehrtägigen, beschwerlichen Fußmarsch durch den Urwald und die Berge.
Ciudad Romero in El Salvador
Von der salvadorianischen Regierung wurde nicht zugelassen, dass sie sich am Bajo Lempa im Gebiet der Kooperative Nancuchiname ansiedeln. Ihnen wurde ein Gebiet zugewiesen, welches sich "Cerro Bonito" nennt. Die letzte Gruppe kam dort am 27.01.91 an. Sie lebten dort unter Plastikbahnen. Kaum ein Baum war als Schatten vorhanden. Sie stellten außerdem fest, dass der Boden für Anpflanzungen vollkommen ungeeignet ist. Alle erkannten, dass unter solchen Bedingungen keine neue Zukunft entstehen konnte.
Nach entsprechenden Diskussionen in der Gemeinde entschloss man sich, sich auf der Hacienda Nancuchiname anzusiedeln. Am 17.02.91 wurde der Umzug organisiert. In kleinen Gruppen gelangte man nach El Marillo, unbemerkt von den Wachposten des Militärs. Zwischen der Kooperative und Ciudad Romero wurde ein Vertrag geschlossen, der die Ansiedlung von Ciudad Romero legalisierte. Somit war Ciudad Romero die erste organisierte Gemeinschaft, die sich am Bajo Lempa ansiedelte. In diesem Gebiet wurde früher Baumwolle von Großgrundbesitzern angebaut. Nach der Agrarreform wurden Landflächen an Kooperativen übertragen. Da das Gebiet militärisches Konfliktgebiet war, hatten viele Menschen diese Zone verlassen. Nur noch wenige Menschen hatten dort ausgehalten, die dann 1991 den Menschen von Ciudad Romero halfen.
Als Tag der offiziellen Ansiedlung wurde der 24.03.1991 festgelegt, der Jahrestag der Ermordung von Erzbischof Oscar Arnulfo Romero (24.03.80), dem Namensgeber der Gemeinde. Somit wird an diesem Tag sowohl die Ansiedlung gefeiert, wie auch der Gedenktag an die Ermordung von Romero.
viele Veränderungen seit der Ankunft im Jahr 1991
- vom Champa zum Steinhaus
- von der Kerze zum elektrischen Strom
Bis zu Friedensverträgen im Januar 1992 waren die RückkehrerInnen den Repressalien der Militärs ausgesetzt, die weder Lebensmittel noch Baumaterial in die Gemeinden durchkommen lassen wollten und die ohnehin karge Ernte zerstörten.
Als die Menschen am Bajo Lempa ankamen, bestand die Gemeinde Ciudad Romero aus 600 EinwohnerInnen. Im Jahr 2006 sind es etwas mehr als 1.000 Menschen (220 Familien). Hinzu gerechnet werden müssen die 500 EinwohnerInnen, die in den vergangenen Jahren in die USA gegangen sind.
Inzwischen haben viele der Familien kleine Steinhäuser, es gibt eine Schule bis zur 9. Klasse, eine Kindertagesstätte, eine Kirche, sowie eine Kantine (Comedor), die auch als Kommunikationszentrum dient. Im Frühjahr 2008 wurde ein Gemeindehaus für kulturelle Aktivitäten, berufliche Fortbildungsmaßnahmen und als Notunterkunft bei Überschwemmungen eingeweiht.
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Nähereigebäude |
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neue Kirche (im Bau) |
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neue Kindertagesstätte |
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Kantine
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Notunterkunft u. Vielzweckgebäude |
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Bau der ersten Steinhäuser 1993 |
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