Zu einer Begegnung mit Menschen aus einem anderen Land, und hier insbesondere aus einer anderen Kultur und politischen Bedingungen, gehört das Wissen über die Geschichte des Landes und insbesondere der Menschen, mit denen eine partnerschaftliche Verbindung besteht - ohne diesen Hintergrund kann die Gegenwart nicht verstanden werden.
El Salvador
Land zum Leben
Am 15. September 1821 erlangte El Salvador die Unabhängigkeit von der einstigen Kolonialmacht Spanien und von der Zentralamerikanischen Konföderation (Confederación de Centroamérica) im Jahre 1839.
1882 beseitigte die Regierung von El Salvador per Gesetz das letzte verbliebene indigene Gemeindeland und ermöglichte so die Ausbreitung der Kaffeplantagen. So befanden sich um das Jahr 1900 90 % der Güter des Landes in den Händen von 0,01% der Bevölkerung. Der Großteil der Bauern war landlos und lebte in äußerster Armut.
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Farabundo Martí (05.05.1893 - 01.02.1932) |
1969 gab es einen Krieg mit Honduras den „Fußballkrieg". Der Grund waren Spannungen um Wirtschaftsflüchtlinge aus El Salvador, die seit längerem von der Regierung Honduras' für die wirtschaftlichen Probleme verantwortlich gemacht und angefeindet wurden. Der Krieg dauerte vier Tage vom 14. Juli 1969 bis 18. Juli 1969 und kostete 3.000 Menschen das Leben, 6.000 wurden verletzt. Der Konflikt wurde unter Vermittlung der Organisation Amerikanischer Staaten durch ein Friedensabkommen beigelegt.
Seit den nun mehr als 100 Jahren, seit der Abschaffung des indianischen Gemeindelandes, lebt der Großteil der Landbevölkerung von El Salvador in Armut. Es hat keinen oder nur geringen Zugang zu dem größten Reichtum von El Salvador, seinen fruchtbaren Böden. Um Anbauflächen für Kaffee zu gewinnen, wurde per Gesetz einfach der bisher gemeindeeigene Grundbesitz verboten und damit die Lebensgrundlage der Gemeinden zerstört.
Alle Versuche einer grundlegenden Agrarreform sind bisher gescheitert, so dass die Landflucht weiter zunimmt und viele Jugendliche in die USA gehen.
Die Landfrage ist für die Armen verbunden mit Rechtsunsicherheit, drohender Vertreibung und Überschuldung durch teure Kredite.
Krieg im Land
Die Geschichte El Salvadors ist seit mehr als 500 Jahren eine Geschichte des Widerstandes seiner BewohnerInnen gegen den Raub ihres Landes. In den 70er Jahren schließen sich, auch mit Unterstützung christlicher Basisgemeinden, immer mehr landlose und ausgebeutete LandarbeiterInnen zusammen und fordern von den Großgrundbesitzern, ihnen Land zu annehmbaren Preisen zu verpachten. Doch diese lehnen ab. Und die Militärregierung schweigt.
Nach Besetzungen von brachliegendem Land in der Karwoche 1977 greifen Armee und Todesschwadronen ein. Auf gewaltfreie Proteste reagiert die Regierung mit aller Härte und mit Massakern an der Zivilbevölkerung.
Mitte 1979 nimmt der Widerstand in El Salvador zu. Am 24. März 1980, einen Tag nach Romeros dringendem Appell an Regierung und Militärs, wird der Erzbischof von einer Todesschwadron erschossen, während er in einer Krankenhauskapelle die Messe ließt. Dem Mord an Oscar Arnulfo Romero folgt ein zwölfjähriger Bürgerkrieg mit rund 75-tausend Todesopfern. Immer mehr Menschen schließen sich dem bewaffneten Kampf der Befreiungsorganisation FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) an. In den folgenden Jahren zwingt der von den USA unterstützte Krieg der salvadorianischen Regierung gegen die eigene Bevölkerung fast 1,5 Millionen Menschen zur Flucht. Tausende werden ermordet oder "verschwunden gelassen".
Erst am 31.12.1991 beenden Regierung und FMLN nach Vermittlung der UNO den mehr als zwölfjährigen Bürgerkrieg. Mit dem Friedensvertrag (16.01.1992) soll die Grundlage für eine demokratische und gerechte Entwicklung in El Salvador geschaffen werden.
In den mehr als 15 Jahren nach Friedensschluss ist deutlich geworden, dass die Regierung El Salvadors offensichtlich kein Interesse an einer wirklichen Umsetzung der Friedensverträge hat. Die Ursache des Krieges, die ungerechte Verteilung des Bodens, besteht weiterhin. Die Wahrheitskommission der UNO hat in einer umfangreichen Bericht die Menschenrechtsverletzungen während des 12-jährigen Bürgerkrieges dokumentiert (auch wenn dies nicht in vollem Umfange möglich war). In spanisch ist dieser Bericht unter dem Namen "DE LA LOCURA A LA ESPERANZA" veröffentlicht worden. Die Verantwortlichen der Verbrechen sind dort benannt. Strafrechtliche Folgen hatte es für die Täter in El Salvador nicht.
Seit Ende des Bürgerkrieges hat sich die politische Landschaft von einem autoritären System zu einem etwas mehr demokratischen Staat hin entwickelt. Präsidenten und Regierungen wurden bis 2009 zwar stets durch die rechtskonservative Partei (Nationalistische Republikanische Allianz) gestellt, jedoch konnte die FMLN zuerst bei Kommunalwahlen erheblich an Einfluss gewinnen und gewann schließlich 2009 zunächst die Parlamentswahlen und später die Präsidentschaftwahlen mit 51 % der Stimmen. Im Parlament stellt die FMLN jedoch weiterhin nicht die Mehrheit der Abgeordneten und ist somit weiterhin von den konservativen und rechten Parteien abhängig. Der soziale Gegensatz zwischen dem kleinen Teil der Bevölkerung, der einen Großteil der Ressourcen besaß, und der verarmten Mehrheit der Bevölkerung blieb auch nach dem Ende des Bürgerkriegs letztlich kaum verändert.
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